Gehobene Kost aus der Unterwelt
Frühere Kultkneipe im Keller als neue Heimat für gelungene deutsche Küche: Das Dorf in St. Georg.
Durchbruch im Kellerreich: Nicht nur, dass man seit der Neueröffnung von der Langen Reihe aus durch ein Fenster in Das Dorf und auf einen appetitanregend eingedeckten Tisch sehen kann; die frühere Weinstube in dem 1848 erbauten Gewölbe ist auch zum richtigen Restaurant avanciert. Gehobene deutsche Hausmannskost haben sich die Betreiber Sebastian Weskamp und Axel Strehlitz auf die Fahnen und in die Speisekarte geschrieben; Weskamp, der im Rexrodt Koch gelernt hat, und Timo Dahlmeier (vorher Steigenberger Treudelberg) setzen das Konzept in der Küche gekonnt um, während Strehlitz eher im Service anzutreffen ist.
Die Gäste können in der aufgehellten, aber in ihren Grundzügen erhalten gebliebenen, lieb gewonnenen Einrichtung der früheren Kultkneipe mit „Happas“ starten: klassisch deutsche Gerichte in Tapasgröße als Vorspeisen, liebevoll und äußerst schmackhaft zubereitet (z. B. Heringstatar auf Kartoffelrösti oder Labskaus, je 6,50 Euro, badische Schnecken auf Gemüse 9 Euro). Kostspieliger wird’s in der Rubrik „Heftig Hungar“, also für den großen Hunger: 16 Euro (Medaillons vom Schweinefilet) bis 32 Euro (Entrecote Double „für den ganzen Kerl“, 400 Gramm mit Pommes und Salat) sind für die Hauptgerichte fällig, was aber angesichts der Qualität eine faire Preisspanne ist. „Muttis Rinderroulade“ mit hausgemachtem Rotkohl und Kartoffelpüree ist schön mürbe und kann (abgesehen vom etwas faden Gemüse) durchaus mit dem mütterlichen Qualitätsstandard konkurrieren. Und das Wiener Schnitzel (das Original vom Kalb) mit köstlichen Bratkartoffeln bekommt man bei den einschlägigen Österreichern der Stadt tatsächlich auch nicht sehr viel besser.
Fischfreunde werden fündig mit gebratenem Zanderfilet auf Linsengemüse und kräutergefüllter Forelle aus dem Ofen mit herzhafter Brotkruste auf Schalotten-Champignon-Gemüse (um 17 Euro). Bei den Desserts begeistern vor allem die Bergischen Ballebäusken (in Butterschmalz gebackene Quarkbällchen mit Vanillesauce und Eis, 5 Euro) – nicht unbedingt was Leichtes zur Nacht, aber sehr, sehr lecker.
Zu allem schmecken das gut gezapfte Lübzer (0,3 l 2,90 Euro) und überwiegend deutsche Weine mit ein paar österreichischen Auflockerungen (offen ab 4,20 für 0,2 l, Flaschen 19 bis 33 Euro).
Fazit: Auf der neuen gastronomischen Bühne im früher als eine Art Schauspielhaus-Kantine fungierenden Kellerlokal wird ein charmantes, überzeugendes Programm gekonnt gespielt – es lohnt sich, über ein Abonnement nachzudenken.
Von: Monika Wien